Der Historismus spielte in Anhalt schon früh eine Rolle und fand auch in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei einigen Bauten Anwendung. An der Nordostecke des Schlossparks in Köthen entstand in den Jahren 1854 und 1855 eine Klinikanlage, die der ehemalige Postsekretär Arthur Lutze (1813-1870) errichten ließ. Dieser hatte sich nach einem bewegten Leben der Homöopathie zugewandt und war 1846 nach Köthen gekommen, holte seine medizinische Ausbildung nach und ermöglichte die Finanzierung des Neubaus mit einem geschickten Geldleihsystem.
So entstand zeitgleich mit einem neuen, aber kurzlebigen Stadttor, der Springpforte, ein Klinikgebäude im Stil der Frührenaissance, das neben Kranken- und Behandlungszimmern auch eine Sternwarte und ein Musiksaal befanden. Sein Sohn wurde sein Nachfolger, reduzierte den Klinikbetrieb, da südlich der Stadt mittlerweile ein neues Klinikum entstanden war, und betrieb schließlich nur noch eine Praxis in dem Eckgebäude. Der Erste Weltkrieg ließ den Betrieb vermutlich noch einmal aufleben und Paul Lutze (1853-1937) wirkte schließlich über 50 Jahre lang als Arzt in diesem Gebäude.
Die Klinik diente auch stets als Wohnhaus der Familie, nach dem Ersten Weltkrieg vermietete man aufgrund der Wohnungsnot auch einzelne Räume. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude für mehr als vier Jahrzehnte Sitz der Kreisverwaltung (1952-1996).Seitdem steht es v. a. Vereinen und der "Kanzler von Pfau’schen Stiftung" zur Verfügung. Gegenüber befindet sich das Hahnemann-Lutze-Denkmal.